Der Gebäudetyp E könnte rechtlichen Graubereich schaffen
Noch ist die rechtliche Anpassung des „Gebäudetyp E“ nicht verabschiedet, da regt sich bereits Widerstand. Das „E“ steht für „einfach, experimentell und effizient“ und soll mit niedrigeren Baustandards schnelleres und kostengünstigeres Wohnen ermöglichen. Im Angesicht einer sich verschärfenden Wohnungsnot eine gute Idee, sollte man meinen. Im Bereich der Baunormen lässt es sich allerdings trefflich streiten, gerade vonseiten der privaten Bau- und Eigentümerverbände, die vor diesem Hintergrund einen rechtlichen Graubereich fürchten. Nun schaltet sich auch noch der Bundesgerichtshof (BGH) in die Diskussion ein. So kritisierte der 7. Zivilsenat des BGH in einem Beitrag der Fachzeitschrift „Baurecht“, dass der Gesetzentwurf „zur Herbeiführung seines Ziels nicht geeignet“ sei und grundlegende Prinzipien des Werkvertragsrechts verkenne.
Mögliche rechtliche Unsicherheiten
Das Verzwickte an der Sache ist tatsächlich die juristische Greifbarkeit. Denn die geplante rechtliche Änderung erlaubt Unternehmen, von anerkannten Regeln der Technik (aRdT) und Normen abzuweichen, sofern diese nicht sicherheitsrelevant sind. Das Problem: Diese anerkannten Regeln sind keine Gesetze und somit an sich rechtlich nicht bindend. Sie folgen allein dem Branchenwissen und werden im konkreten Streitfall durch die Rechtsprechung festgestellt. Diese tendierte bisher dazu, eine mangelhafte Leistung anzunehmen, wenn nicht alle aRdT berücksichtigt wurden. Wie nun im Falle der neuen
Gebäudetyp-E-Regelungen Sachmängel genau definiert oder eingeklagt werden können, ist dagegen noch nicht abschließend geklärt – was zu rechtlichen Unsicherheiten in der Auslegung führen könnte.
Das fürchtet auch der Verbraucherschutzverein Bauherren-Schutzbund (BSB), der den BGH-Beitrag als Anlass nimmt, seine Kritik an dem Vorhaben der Bundesregierung noch einmal zu verschärfen. „Das Risiko teurer Rechtsstreitigkeiten steigt, während die Bauqualität für Verbraucher gefährdet ist“, erklärte Florian Becker, Geschäftsführer des BSB, in einem Pressestatement. Schon mehrfach kritisierte der BSB das Gebäudetyp-E-Vorhaben, da er hier das Risiko eines gravierenden Eingriffs in die hierzulande bestehenden hohen Baustandards sieht.
Auch den konkreten Nutzen eines solchen Gesetzes sieht der BSB nicht – zumindest im Ein- und Zweifamilienhausbau. „Es ist sehr fraglich, ob Verbraucher von geringeren Planungs- und Produktionskosten tatsächlich profitieren würden oder stattdessen denselben Preis für schlechtere Qualität zahlen müssten“, erklärt Becker. Grundsätzlich sei innovatives und kostengünstiges Bauen bereits heute möglich, wenn beide Vertragsparteien klare und transparente Vereinbarungen im gegenseitigen Einvernehmen treffen.
Christoph Kastenbauer