Demografischer Wandel stellt Wohnsektor vor ernste Probleme
Bisher war der demografische Wandel in Deutschland eher eine abstrakte Hochrechnung. Was sich nur in ferner Zukunft abspielte, wird allerdings immer aktueller. Bis 2030 dürfte laut Statistischem Bundesamt der Anteil der über 65-Jährigen auf fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung ansteigen. Diese Entwicklung hat auch weitreichende Auswirkungen auf den Wohn- und Immobilienbereich.
Städte entwickeln sich problematisch
Eng dürfte es vor allem in den Städten werden – und in diesem Zuge auch immer problematischer. Der Trend zur Urbanisierung ist weiterhin im vollen Gange. Schätzungen zufolge werden bis 2030 rund 77 Prozent der deutschen Bevölkerung in städtischen Gebieten leben, was einem Anstieg von etwa fünf Prozent im Vergleich zu 2020 entspricht. Schon jetzt sind allerdings in den Metropolen Wohnungen knapp und die Mieten teils extrem hoch.
Dies dürfte sich durch die demografische Entwicklung noch verschärfen. Denn: Umfragen zufolge bevorzugen ältere Menschen zunehmend kleinere, barrierefreie Wohnungen, die zentral gelegen sind und eine gute Anbindung an medizinische Einrichtungen sowie Einkaufsmöglichkeiten bieten. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wird der Bedarf an solchen Wohnungen bis 2035 auf etwa drei Millionen Einheiten ansteigen, während das aktuelle Angebot bei lediglich rund 500 000 liegt. Woher diese 2,5 Millionen neue Wohnungen hierzulande kommen sollen, ist ungewiss. Und selbst wenn diese gebaut werden, dürften sie kaum ausreichen: Denn auch junge und mittelalte Menschen bevorzugen – in Zeiten wachsender Single-Haushalte – immer mehr kleine Wohnungen in zentraler Stadtlage. Hier dürften die verschiedenen Altersgruppen bald immer stärker um die wenigen freien Immobilien konkurrieren. Im Gegensatz dazu steht der Immobilienmarkt im ländlichen Raum vor ganz anderen Herausforderungen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen wie das bayerische Oberland oder küstennahe Orte in Schleswig-Holstein, verzeichnen viele ländliche Regionen eine sinkende Nachfrage nach Wohnraum. Während sich Jung und Alt in naher Zukunft in den Städten auf die Füße treten dürften, stehen im ländlichen Raum zunehmend große Einfamilienhäuser leer. Eine Studie der KfW Bankengruppe zeigt, dass in einigen ländlichen Kreisen bereits heute bis zu zehn Prozent des Wohnraums ungenutzt sind – und diese Zahl wird voraussichtlich weiter steigen. Eine Folge für den Immobilienmarkt: Die Preise in ländlichen Regionen sinken, während sie in der Stadt weiter nach oben schnellen. So könnte es in Zukunft dringend notwendig werden, auch den ländlichen Raum stärker infrastrukturell zu entwickeln, um den Wohnbedarf an den demografischen Wandel anzupassen. Für die Städte selbst dürfte die neue Flut an älteren Menschen sonst kaum zu schultern sein. Christoph Kastenbauer