Wenn das Haus nie fertig wird

Wie Bauverzögerungen entstehen – und wie sie zu lösen sind

Die Inflation ist weiterhin zu hoch, Bauzinsen ebenso und auch die Materialkosten für den Hausbau sind extrem teuer. Dennoch, dass der Wohnungsbau hierzulande krankt und so der akute Wohnungsmangel immer akuter wird, liegt längst nicht allein an weltpolitischen Krisenherden. Besonders Bauverzögerungen problematisieren die Lage unnötig, da hier konkrete Pläne und Finanzierungen für neuen Wohnraum bereits vorliegen, aber teils über Jahre nicht umgesetzt werden.

Genehmigungsverfahren dauern zu lange

„Heute scheitern viele Bauvorhaben an überlangen Genehmigungsverfahren, unklaren Zuständigkeiten und Planungsfehlern. Je größer das Projekt, desto katastrophaler sind die Auswirkungen,“ erklärt Andreas Scheibe, Ingenieur mit langjähriger Erfahrung in Planung und Ausführung. An Beispielen für dieses Scheitern fehlt es hierzulande nicht. So klafft etwa in München im Stadtteil Sendling seit Jahren ein fünfzehn Meter tiefes Loch, wo längst ein Wohnhaus stehen sollte. Im Hamburger Bezirk Altona sollten für das sogenannte Emils-Quartier die Bauarbeiten dieses Jahr starten – nun wurde der Baubeginn auf 2025 verschoben, mit einer reduzierten Anzahl an Wohnungen. Im Jahr 2020 sollten im Duisburger Stadtteil Neumühl 26 Reihenhäuser entstehen, doch die Bauarbeiten stehen still. Die Hauptgründe für Bauverzögerungen sind dabei vielschichtig. Im Angesicht viel zu langwieriger Genehmigungs- und Projektentwicklungsphasen kommt es etwa häufig vor, dass veränderte Marktbedingungen auf einen Bedarf treffen, der so nicht mehr vorhanden ist. In München Sendling etwa sollten moderne Luxuswohnungen entstehen – der geplante Preis für diese gibt aktuell der Markt allerdings nicht mehr her. Die Folgen sind dann in den meisten Fällen: Baustopp und das Warten auf bessere Zeiten.

Ein weiteres Problem entsteht laut Scheibe durch staatliche Fördermittel, die zeitlich begrenzt sind. Das setze die Projektteams massiv unter Zeitdruck, ein Zustand, der in Deutschland aufgrund der Komplexität der Planung besonders problematisch ist. Dies münde dabei nicht selten in einer Kurzschlussreaktion der Auftraggeber: Die setzten ihre Planer und Architekten unter Druck, was zu mangelhaften Leistungsverzeichnissen führe. „Diese unzureichenden Vorgaben stellen für Handwerker während der Bauausführung eine große Herausforderung dar und resultieren oft in Verzögerungen und unerwarteten Kostensteigerungen“, erklärt Scheibe. Was der Experte fordert, ist eine grundlegende Veränderung in der Planung und Ausführung von Bauprojekten. Eine Entschlackung an bürokratischen sowie unternehmensinternen Prozessen soll zur Beschleunigung und effektiveren Umsetzung der Bauprojekte führen. Die Forderung nach einer verlässlichen Förderung seitens des. Bundes aber dürfte in der aktuellen Haushaltskrise ein frommer Wunsch bleiben. Christoph Kastenbauer