Eigentümermarkt wird zum Käufermarkt

In Bayerns Städten gibt es eine Trendumkehr bei der Preisentwicklung

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Seit einigen Monaten zeichnet es sich immer deutlicher ab: Die einst höher und höher kletternden Immobilienpreise in begehrten Wohnregionen Bayerns haben aufgrund der schwierigen ge-samtwirtschaftlichen Lage ihren Zenit erreicht und beginnen vielerorts zu fallen. Dies ergibt eine aktuelle Analyse des Marktforschungsinstituts Immobilienverein Deutschland (IVD) Süd, welche die Städte München, Augsburg, Ingolstadt und Rosenheim untersucht.

„Aufgrund der geänderten Marktrahmenbedingungen hat sich die Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt in den vergangenen Monaten gravierend verändert. Nach vielen Jahren mit starken Preisanstiegen auf dem Kaufmarkt kommt es nun zu den ersten Preisanpassungen an den begehrten Wohnimmobilienmärkten in München, Augsburg, Rosenheim und Ingolstadt“, erklärt Professor Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. Seit dem zweiten Quartal 2022 hat die Kombination aus den steil steigenden Finanzierungskosten im Gefolge einer sprunghaft gestiegenen Inflation, den stark zunehmenden Bau- und Energiekosten sowie den entstandenen Unsicherheiten infolge des Ukraine-Krieges die dynamische Entwicklung im Kaufsegment ausgebremst.

Wegen der hohen Nachfrage nach Immobilien in begehrten Wohnregionen Bayerns ließ trotz der widrigen Umstände am Markt der Effekt eines nachlassenden Preisniveaus lange auf sich warten. Nachdem sich aber laut IVD das Angebot erschwinglicher Immobilien immer stärker ausdünnte, begannen Käufer auf andere Regionen auszuweichen, was aktuell wachsende Pendlerströme in Richtung der begehrten bayerischen Städte belegen. Zudem drängen aktuell viele einstige Kaufwillige in den Mietmarkt, was dort laut Kippes „eine neue Dynamik“ entfacht. Anders gesagt: Die Mieten steigen.

Die Trendwende am Immobilienmarkt setzte daraufhin zuerst dort ein, wo der Markt zuvor bereits am stärksten heiß gelaufen war: in der Landeshauptstadt München. Während die Städte Augsburg, Ingolstadt und Rosenheim noch im Herbst 2022 stabiles bis leicht steigendes Preisni- veau aufwiesen, wurden in München erstmalig seit langer Zeit messbare Preisrückgänge für Wohnimmobilien ermittelt. Inzwischen ist laut IVD-Analyse die Tendenz zu rückläufigen Zahlen in allen untersuchten Städten, wenn auch in unterschiedlichem Maße, festzustellen.

Kaufwillige mit dem nötigen Kleingeld

Ein Umstand, der nun Kaufwilligen in die Hände spielt. Laut Kippes ist die Nachfrage an Immobilien in den untersuchten Städten mittlerweile deutlich niedriger als das Angebot, was entsprechend der Marktgesetze auch für die Zukunft nur eines bedeuten kann:

Die Preise werden weiter sinken. Eines müssen potenzielle Kaufinteressenten allerdings mitbringen: das nötige Kleingeld. Denn die sinkenden Immobilienpreise stehen natürlich den deutlich gestiegenen Bauzinsen gegenüber. Wer also zu wenig Eigenkapital hat und überwiegend fremdfinanzieren muss, profitiert wenig bis gar nicht von sinkenden Immobilienpreisen. Im Gegenteil: „Für einen Großteil der Kaufinteressenten wurde der Eigenheimerwerb deutlich schwieriger“, so Kippes. Eine Stadt in Bayern zeigt dieses Phänomen dabei besonders deutlich: Rosenheim weist aktuell im Unterschied zu München, Augsburg und Ingolstadt die geringsten Preisrückgänge bei Immobilien auf. Der Rosenheimer Makler Alexander Neubauer führt das auf ein finanzkräftiges Käuferklientel zurück, die neue Immobilien allein aus Eigenkapital finanzieren können.

Dieses Klientel sei in Rosenheim und Umgebung noch zahlreich vorhanden, was den Angebotsrückgang zumindest abmildert. Käufer, die nun laut Neubauer sich über die aktuelle Marktentwicklung sogar freuten. „Die haben sich über die niedrigen Zinsen geärgert, weil so natürlich Nachfrage und Preise gestiegen sind." Wie hoch die Preisabschläge ausfallen, hängt laut IVD-Analyse auch stark von Lage und Qualität der vermarkteten Objekte ab. Tendenziell geben die Kaufpreise in den Nebenkern- und Stadtrandlagen eher nach, während die guten Innenstadtlagen preisstabiler sind. Außerdem spielt der energetische Zustand einer Immobilie eine zunehmend größere Rolle bei der Preisfindung, gemäß dem Leitsatz:

Je energieeffizienter eine Immobilie, desto wertvoller. Doch trotz der Trendwende will Kippes von einem drohenden Markteinbruch nichts wissen – jedenfalls nicht in den attraktivsten Regionen des Freistaates. „Ein massiver, langanhaltender Preisverfall ist an diesen Standorten nicht zu erwarten.“ Dafür sei die Begehrlichkeit für diese Städte zu groß. Die Zahlen geben dem Markforscher recht: Nach Angaben des bayerischen Landesamtes für Statistik soll die Einwohnerzahl bis 2040 in Augsburg und Ingolstadt um je neun Prozent, in München um sieben und Rosenheim um vier Prozent steigen.

Christoph Kastenbauer