Genau hinschauen beim Bau eines Fertighauses

Geht doch alles von allein. Oder nicht?

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Ein Fertighaus hat seinen besonderen Reiz, weil es innerhalb weniger Tage – zumindest äußerlich – auf dem Baugrundstück komplett steht. Weil meist ein Festpreis im Vertrag vereinbart wird, ist der Deal für viele Bauherren perfekt. Was soll da noch passieren? Umso größer das Staunen, wenn es am Ende doch teurer wird. „Fertighäuser werden in Musterhausausstellungen gern mit Emotionen verkauft, die an die Stimmung in einer Ferienhausanlage erinnern“, sagt Peter Burk, Fachbuchautor bei der Ver- braucherzentrale. „Eine Art Vollpensionsgefühl fürs Hausbauprojekt.“ Vielen Bauherren sei nicht klar, was sie selbst dazu beitragen müssen, damit das Projekt nicht aus dem Ruder läuft.

Schon der Begriff „Fertighaus“ könnte dazu beitragen, dass Kunden meinen, sich weitgehend heraushal-
ten zu können, vermutet Christoph Windscheif vom Bundesverband Deutscher Fertigbau. „Gerade weil ihnen der Bau eines Eigenheims in eigener Regie zu kompliziert wäre, entscheiden sie sich für den Fertigbau aus einer Hand, in der Annahme, dass ihnen alle Probleme abgenommen werden.“ Doch wenn sie eigene Pflichten versäumen, kann es für Bauherren teuer werden.

Kauf häufig nicht genug vorbereitet

Wie jedes Bauvorhaben ist auch der Bau eines Fertighauses aufwendig. Aber anders als beim Kauf eines Autos oder einer Einbauküche, bei dem sich Kunden oft zu jedem Detail im Vorfeld eingängig Gedanken machen, kaufen sie zum Teil Fertighäuser, ohne sich ausreichend darauf vorzubereiten. Und das, obwohl das Projekt viele Tausend Euro kostet. Warum ist das so? „Solche Bauvorhaben sind zu komplex, als dass man sie auf den ersten Blick durchschauen kann“, sagt der Münchner Hirnforscher und Konsumpsychologe Hans-Georg Häusel. „Viele Bauherren fangen deshalb einfach an, ohne sich einen detaillierten Überblick zu verschaffen.“ Erst mit längerer Beschäftigung tauchten dann die Probleme auf und würden konkret. „Der größte Fehler ist, Kaufvertrag und die Baubeschreibung ohne die Prüfung durch einen Anwalt und einen Bausachverständigen zu unterschreiben“, erklärt Burk. In Baubeschreibungen etwa seien oft Dinge nicht enthalten, die unerlässlich für den Bau sind. Dazu gehören zum Beispiel der Aushub und Abtransport von Erdmaterial und Deponiekosten, die Ausgaben für Vermessung und Berechnung der Statik, Kosten für die Baugenehmigung, Anschlusskosten oder die Ausgaben für die Baustelleneinrichtung.

Späte Extrawünsche können teuer sein

Im Standardvertrag ist üblicherweise lediglich geregelt, was die Firma ab Oberkante Bodenplatte liefert. Es wird von einem freien und ebenen Grundstück ausgegangen. „Hat man ein Hanggrundstück oder sind die Bodenverhältnisse kompliziert, müssen zusätzliche Kosten eingeplant werden“, so Peter Burk. „Es ist ja nicht so, dass sich die Bauherren nicht im Vertrag und in den Verkaufsgesprächen darüber informieren können“, sagt Windscheif. „Aber manche tun das eben nicht gründlich.“ Es komme zum Beispiel immer wieder vor, dass Bauherren beim Bauleiter nachfragen, wo denn die Hausanschlüsse für Telefon, Energie und Entwässerung bleiben, obwohl sie sich laut Vertrag selbst darum hätten kümmern müssen. Eine große Verlockung, mehr Geld auszugeben als geplant, ist immer die Bemusterung, also die Auswahl der Materialien für die Innenausstattung. In den Ausstattungszentren der Fertighaushersteller können Kunden nach Lust und Laune ihre Wunschausstattung zusammenstellen – italienische Fliesen, Marmorplatten in der Küche, die Wasserhähne vom Designer. Nur sind solche Spezialwünsche meist nicht im Vertragsrah-
men enthalten. „Hier sollte man sich genau im Vertrag ansehen, was Standard ist und wo zusätzliche Kosten lauern“, rät Burk.

Eigenartigerweise stören sich Bauherren aber oft gar nicht an den zusätzlichen Ausgaben, obwohl sie sonst in ihrem Alltag durchaus kostenbewusst sind. „Psychologisch ist das nachvollziehbar“, meint Hirnforscher Häusel. „Man spricht hier von mentaler Buchführung.“ Gemäß dieser Theorie teilen Menschen finanzielle Transaktionen in mental Konten ein und behandeln diese je nach Konto unterschiedlich. „Da man weiß, dass Bauen teuer ist, akzeptiert man hier hohe Summen, während man sich bei einem Stück Butter über eine Preiserhöhung von 20 Cent ärgert.“ Er empfiehlt, sich die hohen Zusatzpreise beim Bauen genau vor Augen zu führen und umzurechnen, was man im Alltag mit dem Geld machen könnte. Dann würde  man vielleicht auf manche vermeintliche Kleinigkeit lieber verzichten. „Richtig teuer wird es, wenn die Bauzeit überschritten wird“, sagt Burk. Hier können sich Bauherren absichern, wenn sie gut planen. „Neben einem Datum, bis zu dem das Haus fertiggestellt sein soll, ist es ratsam, auch eine Preisgarantie zu vereinbaren, die aber nicht an ein fixes Datum gekoppelt ist, sondern bis zur tatsächlichen Fertigstellung gilt“, meint er. Damit das Bauprojekt ohne große Konflikte über die Bühne geht, ist es wichtig, alle Details von vornherein möglichst präzise im Bauvertrag festzuschreiben. „Die Bauherren sind dabei ausdrücklich aufgefordert, den Vertrag mitzugestalten, nicht einfach nur den vorgefertigten Text zu unterschreiben“, sagt Windscheif. „Besonders wichtig ist, dass auf beiden Seiten Klarheit darüber besteht, wer was bezahlen muss.“ Dpa