Lohnt sich der Immobilienkauf?

Im aktuell volatilen Markt gibt es einige Faktoren zu beachten

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Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist angespannt. Nicht zuletzt die hohen Bauzinsen von mittlerweile vier Prozent schrecken viele Kaufwillige ab und lassen die Nachfrage nach Eigenheimen sinken. Das führt dazu, dass das vorhandene Immobilienangebot weniger umkämpft ist, Verkäufer moderatere Preise aufrufen müssen. Ist das für Kaufwillige nun also eine gute Chance auf ein Immobilienschnäppchen? Oder ist die Zurückhaltung angemessen? Den jetzigen Zeitpunkt als „gut geeignet“ für einen Immobilienkauf zu bezeichnen, ist nach Ansicht von Max Herbst „vielleicht etwas übertrieben“. Wer aber genau rechne und das ideale Objekt suche oder plane, müsse auch in der etwas turbulenten Marktphase nicht zwingend von seinem Vorhaben abrücken, so der Gründer der FMH-Finanzberatung. Der Vorteil, den Käufer jetzt hätten: Zeit. Zeit, in aller Ruhe Objekte zu suchen und energetische Einbau- und Umbauarbeiten zu planen und durchzurechnen. Der Druck, sich möglichst schnell für eine Immobilie zu entscheiden, bevor ein anderer Interessent sie vor der Nase wegschnappt, ist durch die gesunkene Nachfrage etwas raus. „Selbst wenn die Zinsen in der Zwischenzeit noch um 0,25 Prozent steigen sollten, kippt das bestimmt nicht den Immobilienerwerb“, sagt Herbst.


Selbst in Metropolen geben die Preise nach

Auch Jörg Utecht, der Vorstandsvorsitzende von Interhyp, Deutschlands größtem Vermittler für private Baufinanzierungen, sieht in dem Wandel des Immobilienmarkts gewisse Chancen für Käuferinnen und Käufer: „In den vergangenen Jahren haben wir einen Verkäufermarkt erlebt. Es gab weniger Objekte, auf die meist viele Interessenten kamen.“ Das wandele sich nun, so Utecht. Die Preise fielen, das Angebot an verfügbaren Immobilien sei deutlich größer als zuvor. Mit einem schönen Nebeneffekt: Käufer könnten aufgerufene Preise nun sogar wieder verhandeln. Laut Statistischem Bundesamt haben sich Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser im letzten Quartal 2022 so stark verbilligt wie seit 16 Jahren nicht mehr. Im Schnitt betrug der Preisrückgang bei Wohnimmobilien demnach 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dabei seien die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser tendenziell stärker gesunken als die von Eigentumswohnungen. Sogar vor den begehrten deutschen Metropolen – Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf – machte der Preissturz nicht Halt: Dort musste für Ein- und Zweifamilienhäuser im Schnitt 2,9 Prozent weniger bezahlt werden, für Eigentumswohnungen immerhin 1,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Objektauswahl hat sich verändert

Interhyp stellt außerdem fest: Kunden haben 2022 andere Objekte finanziert als zuvor. Die Nachfrage nach Neubauten sei zurückgegangen, die Nachfrage nach älteren und kleineren Objekten dafür hoch. Ein Grund könnte sein: Bei Immobilien, die vor 1990 gebaut wurden, war der Preisrückgang laut dem Kreditvermittler im Schnitt fast doppelt so hoch wie bei Immobilien, die nach 2010 gebaut wurden. Die durch die Energiekrise sensibilisierten Käufer dürften bei älterem Bestand weniger bereit gewesen sein, tief in die Tasche zu greifen. Bei diesen Objekten sollten Kaufwillige aber darauf achten, welche energetischen Arbeiten bereits vorgenommen wurden und welche noch anfallen werden, rät Experte Herbst. Im Idealfall sollte das bei der Finanzierung schon mitgedacht werden. Denn: „Energetische Einbauten werden immer mehr zum Standard und kosten richtig Geld“, so der FMH-Gründer.

Höhere Zinslast, geringere Tilgung

Grundsätzlich müssen Menschen, die derzeit eine Immobilie kaufen oder bauen wollen, bei der Finanzierung umdenken. Durch die Verdrei- oder sogar Vervierfachung der Bauzinsen ist die Zinslast bei der Monatsrate jetzt deutlich höher. Dadurch bleibt weniger Geld für die Tilgung. Max Herbst gibt ein Beispiel für ein Darlehen über 400 000 Euro: Wer das vor einem Jahr noch mit einem Prozent Zinsen und drei Prozent Tilgung zurückbezahlt hat, hatte eine monatliche Belastung von 1333 Euro. Eine ähnlich hohe Rate ist auch jetzt noch zu erreichen: Mit vier Prozent Zinsen und einem Prozent Tilgung liegt die Kreditrate bei 1667 Euro und ist damit für viele weiterhin bezahlbar. Der große Unterschied: die Gesamtkosten und die Dauer der Rückzahlung. Angenommen, der Zinssatz ändert sich bis zum Ende der Laufzeit nicht, verteuere sich der Kredit von 460 500 Euro im Falle des günstigen Zinssatzes auf 806 100 Euro im Falle des höheren Zinssatzes – beinahe eine Verdopplung. Außerdem verlängert sich die Laufzeit bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens enorm. Dass inzwischen weniger getilgt wird, zeigen auch die Finanzierungskennzahlen von Interhyp. Während deren Kunden im vierten Quartal 2021 im Schnitt jährlich noch 2,93 Prozent ihres Kreditvolumens tilgten, waren es ein Jahr später nur noch 2,43 Prozent. Und dennoch stieg die monatliche Rate im gleichen Zeitraum im Schnitt um 29 Prozent an – von 1166 auf 1505 Euro. Aber: Ein Abwarten dürfte die Herausforderungen für Käufer nicht unbedingt schmälern, schätzen Experten. Herbst etwa geht nicht davon aus, dass die Zinsen langfristig auf unter drei Prozent sinken. Utecht schätzt, dass sich die aktuell turbulente Marktphase im Immobilienbereich über kurz oder lang beruhigen wird – dann nämlich, wenn sich ein neues Gleichgewicht eingestellt hat, die Kaufpreisvorstellungen von Käufern und Verkäufern wieder näher beieinander liegen. Dpa