Vom Hausdach in die weite Welt

Strom aus erneuerbaren Energien immer schwerer zu verteilen

Der Ausbau an erneuerbaren Energien im privaten Häuserbereich kommt immer mehr voran: Laut Statistischem Bundesamt waren im März dieses Jahres auf Dächern und Grundstücken hierzulande 2,6 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von rund 70 600 Mega-watt installiert. Um die 50 Prozent der für diese Technik infrage kommenden Dächer sind hierzulande für diese Art der Energiegewinnung bereits genutzt. Laut aktueller Zahlen der Bundesregierung wird heute schon bundesweit über 50 Prozent des gesamten Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Bis 2030 will man bei 80 Prozent sein.

Bedarf dürfte sich bis 2045 verdoppeln

Ein gewaltiger Aufwand, besonders vor dem Hintergrund, dass nicht nur der Anteil der erneuerbaren Energien steigen muss, sondern zur selben Zeit der Bedarf an Strom in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen wird. Videokonferenzen im Homeoffice, batteriebetriebene Autos, intelligente Waschmaschinen – Digitalisierung und Elektrifizierung schreiten in allen Lebensbereichen voran. Der Digitalverband Bitkom etwa geht davon aus, dass der Stromverbrauch der Rechenzentren, das Rückgrat der Digitalisierung, bis zum Jahr 2030 um etwa 50 Prozent steigen wird. Für den gesamten Strombedarf in Deutschland erwarten deutsche Netzbetreiber bis 2045 eine Bedarfsverdopplung. Die Herausforderungen bei der Energiewende sind demnach mehrgleisig: Einmal müssen private Haushalte über eigene Solaranlagen neuen Strom generieren – um auch die ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Dieser wird daraufhin aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung deutlich mehr in vielen anderen Bereichen benötigt. Damit diese wirtschaftliche Umstellung zuverlässig voranschreiten kann, muss deshalb auch das Stromnetz upgedatet werden. Mehr Stromverbrauch durch E-Autos und Homeoffice bedeutet nämlich auch, dass größere Strommengen durch die lokalen Stromnetze, Verteilnetze genannt, fließen. Schon jetzt stoßen die Netze teilweise an ihre Kapazitätsgrenze. Doch der Ausbau der Netze hört nicht bei den Verteilnetzen auf: Denn der zukünftig grüne Strom aus Windkraft und Photovoltaik muss vielfach aus den ländlichen Regionen in Nord- und Ostdeutschland in die Ballungsgebiete Süd- und Westdeutschlands gelangen – eben dorthin, wo es die meisten Stromverbraucher gibt. Dazu errichten die Netzbetreiber an vielen Orten in Deutschland sogenannte Stromautobahnen: Höchstspannungsleitungen, die den Strom weitestgehend verlustfrei über weite Strecken transportieren können.

Mit den größeren Übertragungskapazitäten gleicht der Netzausbau die natürlichen Schwankungen aus, denen regenerativer Strom unterliegt. Intelligente Netztechnologien wie digitale Stromzähler können das Netz ebenfalls entlasten, weil sich mit ihnen die Verbräuche besser auf die verfügbaren Strommengen abstimmen lassen. Sie können den Stromnetzausbau allerdings nur ergänzen, nicht ersetzen. Christoph Kastenbauer/akz