Tödliche Gefahr schlummert im Verborgenen

Das Risiko von Asbest und dessen fachgerechter Beseitigung wird vielfach nicht genug thematisiert

In den 1980er-Jahren galt Asbest als Baustoff der Zukunft: günstig, feuerfest und leicht zu verbauen. Erst 1993 wurde der Baustoff verboten, obwohl die gesundheitlichen Risiken längst bekannt waren. Doch Altlasten schlummern weiterhin im Verborgenen – und in weit mehr Fällen, als man hierzulande vielfach annimmt. „Es gibt Schätzungen, dass etwa 3000 Produkten im Baubereich Asbest zugesetzt wurde“, warnt Diplom-Ingenieur Martin Kessel. Die Gefahr lauert oft unerkannt. In nur wenigen Fällen könne Asbestbelastung durch visuelle Prüfung identifiziert werden, so der Experte im Verband Deutscher Ingenieure (VDI).

Aufwendige Prüfung kostet viel Geld

Um sicher zu gehen, bedarf es qualifizierter Proben und entsprechender Analyse. Diese Prüfung ist allerdings mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden, da sie aufgrund der Gefährdungslage nur von Fachpersonal durchgeführt werden darf. „Bei der Probenahme dürfen keine Fasern freigesetzt werden, es muss immer gehandelt werden, als sei Asbest im Material vorhanden“, erklärt Kessel. Und die Gefährdung ist enorm. Asbestose führt in der Regel zu einer starken Einschränkung der Lungenfunktion. Ein weiterer Faktor sind unterschiedliche Krebserkrankungen, die in Zusammenhang mit Asbest stehen.

Laut des VDI-Experten gibt es in Deutschland knapp 1600 Asbesttote jedes Jahr. „Und hier sprechen wir nur von denen, die als Berufskrankheit anerkannt wurden. Das heißt, die Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher, schätzungsweise bei rund 15000.“ Dieser enorme Schaden für den Einzelnen und die gesamte Volkswirtschaft steht laut Kessel bei weitem nicht in Relation zu den Maßnahmen, die dagegen getroffen werden. „Es ist mir unverständlich, dass wir wahnsinnig viel Geld in den Brandschutz stecken, obwohl nur wenige Hundert Tote im Jahr zu beklagen sind und kaum etwas für das Bannen der Gefahren vor Asbest tun, obwohl in der EU jährlich 70000 Menschen an den Folgen sterben.“

Von der Baubranche fordert Kessler deshalb eine groß angelegte Informationskampagne darüber, was die Gefahren sind und wie mit Asbest fachgerecht umzugehen ist. „Das ist der einzige Weg, verantwortungsvoll mit diesem tödlichen Thema umzugehen.“ ck