Bundesregierung will das Errichten von Solaranlagen vereinfachen
Wer heute noch Thesen anhängt, erneuerbare Energien seien „ineffektiv“ und könnten einem Hochindustrieland nicht den nötigen Strom liefern, der orientiere sich an den Fakten: Im Juni dieses Jahres wurde in Deutschland in der Spitze so viel Solarenergie eingespeist wie nie. Mit 8,9 Terawattstunden trugen Solaranlagen einen Anteil von 30 Prozent zur Nettostromerzeugung bei. Der Anteil der Erneuerbaren Energien lag im Juni bei insgesamt 68 Prozent (Quelle: Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme). Zahlen, die allerdings immer noch einen Anfang beschreiben. Solarzellen, die mittlerweile über 20 Prozent der Sonnenenergie in Strom umwandeln können, wären in entsprechend großflächiger Ausbreitung auch im privaten Bereich in Zukunft wohl durchaus in der Lage, einen großen Teil des Energiebedarfs hierzulande zu decken.
Selbst die Kraft der Sonne anzapfen
Genau in diese Richtung will auch die Bundesregierung. Das enorme Potenzial privater Hausdächer, die sich meist problemlos und ohne weiteren Platzverbrauch mit Photovoltaikanlagen ausstatten lassen, soll nun noch einmal deutlich erweitert werden. Helfen soll eine neue Gesetzesnovelle, die das Bundeskabinett Mitte August verabschiedete. Dieses „Solarpaket“ soll es Millionen Haushalten erleichtern, selbst die Kraft der Sonne anzuzapfen. Im Wesentlichen geht es um drei Bereiche: Wohnungen, Dächer, freie Flächen. Für Wohnungen gibt es schon jetzt sogenannte Balkonkraftwerke, die auch Mieter nutzen können. Sie lassen sich zum Beispiel an Balkongittern anbringen und über die Steckdose mit dem Stromnetz verbinden. Bisher aber mussten sie aufwendig angemeldet werden und erforderten einen Stromzähler, der auch den eingespeisten Strom abrechnen konnte. Beides wird vereinfacht. Auf deutschen Dächern wiederum soll es leichter werden, mit Sonnenstrom auch Mehrfamilienhäuser zu versorgen.
Grundsätzlich geht es in der neuen Gesetzesnovelle darum, vermehrt auch Mieter an den wirkungsvollen Prozessen der Solarenergiewende partizipieren zu lassen – und das nicht nur über die oben beschriebenen Kleinstanlagen. In Form einer „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ sollen Mieter und Vermieter in Zukunft einen Vertrag abschließen können, über den der Mieter sich – gegen Bezahlung – einen bestimmten Anteil des Solarstroms vom Dach sichert. Für den restlichen Strom, wenn das Dach mal nichts liefert, sollen Mieter normale Stromverträge abschließen. 80 000 Gebäude, so schätzt die Bundesregierung, könnten von dieser Variante Gebrauch machen. Der dritte Punkt bei der geplanten Gesetzesänderung ist umstritten: So will die Bundesregierung die Errichtung von Solarparks auf Flächen, die für die Landwirtschaft vorgesehen sind, erleichtern. Am Ende liegt der Fokus aber auf den ohnehin freien Hausdächern – egal, ob Mieter oder Eigentümer darunter wohnen. Gibt der Bundestag im Herbst grünes Licht, können die Neuregelungen Anfang 2024 in Kraft treten. Christoph Kastenbauer