Neuer Verband setzt sich für den Erhalt von Bestandsbauten ein
Annabelle von Reutern, Gründungsmitglied des Verbands für Bauen im Bestand, setzt sich für den Klimaschutz und die Wahrung kulturhistorischer Identität ein.
FOTO KRISTINA GROMMES
Die Immobilienbranche ist weltweit für circa ein Drittel des CO2-Ausstoßes verantwortlich – und dies zu einem großen Teil auch über die verwendeten Baumaterialien, deren Prozess der Herstellung und Entsorgung. Gleichzeitig steigen im Zuge der weltpolitischen Krise Baustoffpreise und die Ressourcen werden knapp. In Teilen der Branche reift deshalb die Überzeugung, verstärkt auf den Erhalt von Be-standsbauten zu setzen. Neben dem Einsparen von Ressourcen könnten so graue Emissionen – also CO2, das bei Herstellung und Abriss eines Gebäudes entsteht – deutlich verringert werden. Dieser Überzeugung ist auch der jetzt in Berlin gegründete Verband für Bauen im Bestand (BIB).
Gegen Abriss – für Sanierung
Für ein „gemeinsames, umfassendes und lebenszyklusbasiertes Verständnis von Bauen im Bestand“, will sich der Verband – der sich aus Vertretern verschiedener Immobilienunternehmen aus ganz Deutschland zusammensetzt – ab sofort stark machen. Dazu wollen Gründungsmitglieder wie etwa Annabelle von Reutern, deren Unternehmen Concular nachhaltiges zirkuläres Bauen – also den Kreislauf, die Wiederverwendung von Baustoffen – fördert, den Weg zu neue Marktstandards ebnen. Dies will der Verband im fachlichen Diskurs über Vorträge und Publikationen, aber auch konkret, etwa über gezielte Weiter- und Ausbildung von Fachkräften erreichen. Die Schlagrichtung des BIB richtet sich dabei vor allem gegen eine im Wohnungsbau oft praktizierte Strategie, alte Gebäude eher abzureißen und neue zu bauen. Denn Sanierungen – gerade im Angesicht neuer Energieeffizienz-Kriterien – können teuer werden. „Ein Haus aus den 60er- oder 70er-Jahren energetisch so zu ertüchtigen, dass es den KfW-Kriterien für energieeffizientes Sanieren entspricht, bedeutet Aufwand beim Umbau“, erklärt Energieberater Marc Ellinger vom Verband Privater Bauherren (VPB).
Der Kosten-Nutzenfaktor müsse bei jedem Fall auf den Prüfstand: „Die Idee der Sanierung ist unterstützenswert – aber es sollte mit spitzem Stift gerechnet werden.“ Der Ansatz des BIB geht allerdings noch weiter. Neben Nachhaltigkeit und Klimaschutz geht es dem Verband auch um die kulturhistorische Bedeutung von Bestandsgebäuden. „Die Identität einer Stadt entsteht über Jahrhunderte. Wenn wir weitermachen wie bisher, verlieren wir den Geist unserer Städte“, erklärt die Zweite Vorsitzender des Verbands, Diana Anastasija Radke. Die Erste Vorsitzende des BIB, Sarah Dungs, hat dagegen vor allem den Klimaschutz im Blick, wenn sie sagt: „Wir tragen mit unserem Handeln die Verantwortung für uns und die Zukunft.“ Christoph Kastenbauer