Welche Möglichkeiten es gibt, weitgehend heil dem Schreckensszenario zu entgehen
Aufgrund der gestiegenen Zinsen und der gesunkenen Nachfrage sind Bauträger zuletzt stark unter Druck geraten. Einige große Projektentwickler mussten bereits Insolvenz anmelden. Der Alptraum eines jedes Käufers, der sich noch in der Bauphase befindet. Im Idealfall sollten Bauherren sicherstellen, dass sie erst gar nicht in eine solche Lage kommen. Zwar lassen sich wirtschaftliche Turbulenzen längst nicht immer vorhersagen, aber es gibt Möglichkeiten, die Risiken wenigstens zu minimieren. Immerhin sei Bauträger nicht gleich Bauträger, sagt Christoph Schöll. „Es gibt große Qualitätsunterschiede, die sich naturgemäß auch im Preis niederschlagen“, so der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Vorsitzender des Eigentümerverbands Haus und Grund Rheinland-Pfalz.
Er empfiehlt, vor Unterzeichnung des Vertrags eine Bonitätsprüfung des Bauträgers einzuholen. Das ist bei verschiedenen Auskunfteien möglich. Außerdem sollten Bauwillige prüfen, wie lange das gewählte Unternehmen schon am Markt ist. Und gegebenenfalls Kontakt zu Käufern suchen, die bereits eine Wohneinheit beim selben Bauträger erworben haben.
Vertragsmodalitäten genau prüfen
Wer sich für einen Bauträger entschieden hat, sollte den meistens vorgefertigten Vertrag unbedingt durch einen Fachanwalt prüfen lassen. Zwar steckt die Makler- und Bauträgerverordnung den dort vorgesehenen Regelungen enge Grenzen, deren Einhaltung ein Notar im Rahmen der Vertragsunterschrift prüfen muss. „Der Notar ist aber niemals dafür verantwortlich, dass der Vertrag wirtschaftlich oder aus Verbraucherschutzperspektive optimal oder auch nur ausgewogen ist“, warnt Rechtsanwalt Holger Freitag vom Verband Privater Bauherren. Unterzeichnen sollten Käufer keine Vereinbarungen, die von der ratenweisen Zahlung nach Baufortschritt abweichen, rät Schöll. Denn das ist mit der beste Schutz, den ein Besteller bei einer Insolvenz des Bauträgers hat. Immerhin habe er so im Fall der Pleite nur das bezahlt, was schon gebaut wurde, so Schöll.
Wichtig ist laut Schöll zudem eine Klausel, die den Käufern ermöglicht, fünf Prozent der Gesamtsumme bei der ersten Ratenzahlung einzubehalten. Dieser Abzug dient als Sicherheit für die Vertragserfüllung und wird erst nach Fertigstellung fällig. Bei einem Kaufpreis von 400 000 Euro können das immerhin 20 000 Euro sein.
Rechtsreferent Michael Nack vom Verbraucherverband Wohnen im Eigentum rät außerdem dazu, bei Mangelausschlüssen oder Haftungsbegrenzungen aufzupassen – etwa wenn eine Abweichung der Wohnfläche von bis zu zwei Prozent nicht zu beanstanden sein soll.
Auch Regelungen, durch die Materialien notfalls durch andere Materialien ausgetauscht werden können, seien nicht akzeptabel. „Man sollte sich hier in jedem Fall die Möglichkeit einer Preisminderung offenhalten“, so Nack. Doch selbst wer sich an all diese Tipps gehalten hat, kann das Risiko einer Bauträger-Insolvenz nicht ganz ausschalten.
Was also, wenn dem Bauträger tatsächlich vor Fertigstellung das Geld ausgeht? Dann obliegt es laut Nack dem Insolvenzverwalter, zu entscheiden, ob er die Verträge mit den Käufern erfüllt – sofern er das kann – oder die Erfüllung ablehnt. In den meisten Fällen aber führe die Insolvenz eines Bauträgers dazu, dass der Bau nicht fertiggestellt wird. Besteller stecken damit in der Klemme. Denn ihr Geld befindet sich dann zumindest teilweise in einem unfertigen Bau, der ihnen noch nicht einmal gehört. Das Einzige, was ihnen bleibt, ist die sogenannte Auflassungsvormerkung, die im Rahmen der Vertragsunterschrift im Grundbuch eingetragen wird. Sie sichert dem Käufer den Eigentumsübergang zu, sobald der Vertrag erfüllt ist.
Führt das angeschlagene Bauunternehmen das Projekt tatsächlich nicht zu Ende, bleiben Betroffenen Nack zufolge zwei Möglichkeiten: Entweder sie verlangen die Eigentumsübertragung gemäß der Auflassungsvormerkung und werden damit Eigentümer der Bauruine. Dann können sie die Fertigstellung in Eigenregie organisieren. Das ist meistens mit hohen Zusatzkosten verbunden.
Der Einzelfall entscheidet
Lohnen könne es sich etwa, wenn das Bauwerk fast fertig ist und die zusätzlichen Kosten überschaubar. Handelt es sich bei der Immobilie um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, ist diese Variante in der Praxis umso komplizierter – wenn nicht sogar unmöglich –, weil auch die anderen Eigentümer mitspielen müssen.
Eine andere Möglichkeit: Betroffene treten vom Vertrag zurück. Vor dieser Option warnt Fachanwalt Schöll ausdrücklich. Denn damit zerstörten Käufer die Rechtsgrundlage für die im Grundbuch zu ihren Gunsten eingetragene Auflassungsvormerkung. Zwar haben sie dann Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Abschlagszahlungen. Aufgrund der Insolvenz können sie aber – wenn überhaupt – nur auf einen Bruchteil ihres Geldes hoffen. Einen großen Teil dürften sie nie wiedersehen.
Was die sinnvollste Option ist, hängt darum laut Nack immer vom Einzelfall ab. Ganz davon abgesehen, dass es noch weit schwierigere Fälle gibt – etwa wenn erst gar kein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Betroffene tun daher gut daran, sich im Falle eines Falles anwaltliche Hilfe zu holen. dpa